KI im Tourismus | Chancen und Risiken

Veröffentlicht am:
21.09.2025

KI im Tourismus:

Wie KI-Agenten das Buchungsverhalten verändern werden

Eine der tiefgreifendsten Veränderungen, die Künstliche Intelligenz im Tourismus mit sich bringt, betrifft das Buchungsverhalten der Gäste. Während Reisende heute noch eigenständig Suchmaschinen, Vergleichsportale und Online-Reisebüros (OTAs) durchforsten, um passende Angebote zu finden, deutet sich bereits ein Paradigmenwechsel an: Künftig werden KI-Agenten diese Aufgabe weitgehend übernehmen können.

Der Gast beschreibt lediglich seine Wünsche – zum Beispiel „eine Woche Wanderurlaub im September, nachhaltig, mit direkter Bahnanreise und Budget unter 1.500 Euro“ – und der persönliche Reiseagent auf Basis von KI übernimmt den Rest: Recherche, Vergleich, Auswahl und schließlich die Buchung. Damit verändert sich die Customer Journey fundamental: Aus aktivem Suchen wird delegiertes Entscheiden. Ein Prozess, der im Übrigen den gesamten E-Commerce – auch außerhalb des Tourismus – umkrempeln dürfte.

Chance nutzen – Vorbereitung ist alles

Für Anbieter bedeutet das Chancen und Risiken zugleich. Einerseits können Hotels, Destinationen und Freizeiteinrichtungen durch direkte Anbindung an Schnittstellen und Buchungs-APIs von KI-Agenten leichter gefunden werden. Andererseits droht der Verlust direkter Kundenzugänge, wenn der Kontakt fast ausschließlich über den digitalen Assistenten läuft. Klassische Vertriebsmodelle wie OTAs oder Metasuchen könnten mittelfristig an Bedeutung verlieren – sofern es den Tech-Konzernen gelingt, die Agenten als zentrale Buchungsschnittstelle zu etablieren.

Besonders stark wird sich auch die Personalisierung verändern: KI-Agenten greifen auf das individuelle Profil des Gastes zu – von früheren Reisen über persönliche Interessen bis hin zu Kalenderdaten. Dadurch entstehen passgenaue Vorschläge, die weit über herkömmliche Filtermöglichkeiten hinausgehen. Allerdings birgt diese Entwicklung auch Risiken: Der „Filterblasen-Effekt“ könnte dazu führen, dass Reisende nur noch eine stark kuratierte Auswahl sehen und viele Angebote gar nicht mehr wahrnehmen.

Für touristische Anbieter wird es entscheidend sein, nicht nur preislich konkurrenzfähig zu bleiben, sondern vor allem durch einzigartige Erlebnisse, Qualität und Exklusivität in die Empfehlungslogik der Agenten zu gelangen. Denn wenn Algorithmen zur primären Instanz der Reiseentscheidung werden, verschiebt sich die Markenwahrnehmung: Gäste interagieren weniger direkt mit Destinationen oder Hotels, sondern mit „ihrem“ KI-Agenten. Die zentrale Frage lautet daher: Wie schafft man es, in den Empfehlungsalgorithmus aufgenommen zu werden?

Noch ungewiss: Wer sind die neuen KI-Gatekeeper?

Nicht zuletzt steht auch die Vertrauensfrage im Raum. Werden KI-Agenten tatsächlich neutral beraten – oder steuern versteckte Provisionsmodelle die Vorschläge? Aktuell investieren die Tech-Konzerne Milliarden-Summen in die KI-Entwicklung. Investitionen, die sich irgendwann auszahlen sollen.

Hier könnten sich neue Gatekeeper im Tourismus etablieren, die den Markt ähnlich stark beeinflussen, wie es Suchmaschinen und OTAs in der Vergangenheit getan haben.

Fest steht: Mit dem Aufkommen von KI-Agenten beginnt eine neue Ära der Buchungskultur. Wer frühzeitig lernt, mit diesen Systemen zu arbeiten und sich in deren Logik sichtbar zu machen, wird im künftigen Wettbewerb einen entscheidenden Vorteil haben.

Zwischen Plattform und Direktbuchung: Die neue Rolle von Kundenbindung in einer KI-getriebenen Buchungswelt

Wenn es um die Zukunft der Buchungen geht, darf ein Blick auf die großen Plattformen wie Booking.com, Expedia oder Airbnb nicht fehlen. Diese Anbieter investieren massiv in KI und werden ihre Position als Intermediäre weiter ausbauen – möglicherweise in Form eigener, leistungsstarker KI-Agenten.

Für Hotels und Destinationen bedeutet das: Ein „Kampf“ gegen diese Plattformen ist kaum zu gewinnen und würde wertvolle Ressourcen binden. Präsenz auf den großen Portalen bleibt wichtig, um Reichweite zu sichern und sichtbar im Markt zu bleiben.

Gleichzeitig sollten Hotels, Freizeiteinrichtungen und Destinationen nicht den Fehler machen, sich ausschließlich von den Plattformen abhängig zu machen. Vielmehr gilt es, eine strategische Balance zu finden: einerseits die Reichweite der Plattformen nutzen, andererseits konsequent eigene Direktbuchungskanäle und Kundenbindungssysteme stärken.

Hier kommt Customer Relationship Management (CRM) ins Spiel. KI verändert nicht nur die Buchung selbst, sondern auch die Möglichkeiten, Gäste langfristig zu binden. Professionelle CRM-Systeme bieten die Chance, Kundendaten intelligent zu nutzen: für personalisierte Angebote, automatisierte Kommunikation, Treueprogramme oder exklusive Vorteile bei Direktbuchungen. So entsteht ein direkter Draht zum Gast, der auch in einer von KI-Agenten dominierten Welt Bestand hat.

Für Hotels und Freizeiteinrichtungen bedeutet das: Investitionen in ein starkes CRM und attraktive Direktbuchungsstrategien zahlen sich langfristig aus. Wer Stammgäste bindet, individuelle Mehrwerte bietet und einen klaren Markenkern kommuniziert, reduziert die Abhängigkeit von Plattformen und bleibt auch jenseits der Algorithmen sichtbar.

Für Destinationen eröffnet sich die Chance, als Daten- und Servicehub für die gesamte Region zu agieren. Indem sie CRM-Strukturen bereitstellen oder koordinieren, können sie sowohl ihre eigenen Gästekontakte pflegen als auch die Partnerbetriebe unterstützen, Kundenbeziehungen zu professionalisieren. So wird die Destination zum Bindeglied zwischen Reichweite auf Plattformen und nachhaltiger, direkter Kundenbindung.

Die Botschaft ist klar: Nicht alle Kräfte auf den Kampf gegen Plattformen verschwenden, sondern parallel die eigenen Strukturen für Direktbuchung und CRM konsequent ausbauen. Denn wer die Beziehung zum Gast aktiv gestaltet, bleibt auch dann relevant, wenn KI-Agenten und Plattformen die Spielregeln im Vertrieb neu schreiben.

Handlungsempfehlungen für Hotels und Freizeiteinrichtungen

  1. Technische Sichtbarkeit sicherstellen
    Sorgen Sie für moderne Schnittstellen (APIs) zu Buchungs- und Reservierungssystemen, damit KI-Agenten in Echtzeit auf Verfügbarkeiten und Preise zugreifen können. Achten Sie auf hohe Datenqualität mit klaren Beschreibungen, guten Bildern und authentischen Bewertungen.
  2. Einzigartige Angebote schaffen
    Differenzieren Sie sich nicht allein über den Preis, sondern über klare Alleinstellungsmerkmale. Bieten Sie Erlebnis-Pakete an, die von KI-Agenten als besonders relevant erkannt werden – etwa thematische Arrangements, regionale Besonderheiten oder nachhaltige Services.
  3. Hyperpersonalisierung unterstützen
    Nutzen Sie Gästedaten im Rahmen der DSGVO, um personalisierte Services anzubieten. Testen Sie KI-gestützte Kommunikation und Marketingmaßnahmen, die auf individuelle Bedürfnisse eingehen.
  4. Vertrauen und Authentizität pflegen
    Erzählen Sie Ihre Marke in einer klaren Geschichte. Fördern Sie aktiv positive Bewertungen und setzen Sie auf Authentizität – Faktoren, die KI-Agenten in ihre Entscheidungslogik einbeziehen.

Handlungsempfehlungen für Destinationen und DMOs

  1. Datenstrategie entwickeln
    Etablieren Sie einheitliche Datenstandards (Open Data, Knowledge Graphs) und schaffen Sie offene Schnittstellen, um die Region buchbar und auffindbar für KI-Agenten zu machen. Integrieren Sie Hotels, Freizeiteinrichtungen und Mobilitätsanbieter.
  2. KI-Kompetenz im Netzwerk aufbauen
    Schulen Sie Partnerbetriebe zu den Veränderungen im Buchungsverhalten durch KI-Agenten. Starten Sie Pilotprojekte – etwa einen KI-gestützten Gästeassistenten, der den Zugang zu Informationen erleichtert.
  3. Profil und Narrativ der Destination stärken
    Entwickeln Sie Themenwelten und USP, die von KI-Agenten klar identifiziert werden können. Stellen Sie Inhalte in strukturierter, maschinenlesbarer Form bereit, um eine hohe Relevanz in den Algorithmen zu erreichen.
  4. Vertrauensanker sein
    Positionieren Sie sich als kuratierende Instanz, die Qualität, Authentizität und Transparenz gewährleistet. Damit können Sie sich von rein algorithmisch gesteuerten Empfehlungen abheben und Vertrauen bei Gästen und Partnern schaffen.

Fazit

Hotels, Freizeiteinrichtungen und Destinationen stehen an einem Wendepunkt. Mit dem Aufkommen von KI-Agenten verschieben sich die Spielregeln im Tourismusvertrieb grundlegend. Wer jetzt in Datenqualität, Schnittstellen, CRM und unverwechselbare Erlebnisse investiert, wird in der Welt der KI-gesteuerten Reiseentscheidungen sichtbar bleiben. Entscheidend ist, nicht passiv abzuwarten, sondern aktiv die eigene Position in der Empfehlungslogik der neuen digitalen Gatekeeper zu gestalten.

 

Autor des Beitrags

Frank Mies

CEO - Senior Berater

Frank ist bei uns nun seit mehr als 20 Jahren! Er hat damals als klassischer Allrounder begonnen und sich über die Jahre zu unserem Strategie-Master-Mind entwickelt. Neben den Strategie- & Beratungsthemen schlägt sein Herz für den Tourismus. Wir sind sehr froh, dass Frank sein ganzes Wissen nicht nur für uns als Vorstand, sondern auch für unsere Kunden gerne einbringt!

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